Die Heuschreckendebatte war eine politische Debatte in Deutschland im April und Mai 2005, die durch eine Äußerung des damaligen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering ausgelöst wurde. Er verglich das ökonomische Agieren mancher „anonymer Investoren“ mit Heuschreckenplagen. Seitdem gilt der Begriff „Heuschrecke“ im deutschen politischen Sprachgebrauch als abwertende Tiermetapher für Private-Equity-Gesellschaften und andere Formen von Kapitalbeteiligung wie Hedge-Fonds oder sogenannte Geierfonds, die mutmaßlich kurzfristige oder überzogene Renditeerwartungen haben. Der Begriff und die Debatte wurden verschiedentlich kritisiert, unter anderem als in Teilen antisemitisch und antiamerikanisch.

Ablauf

Programmdebatte der SPD

Im Herbst 2004 forderte der damalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering eine Aktualisierung des Parteiprogramms und verwendete dabei am 22. November 2004 bei einem öffentlichen Vortrag die Heuschreckenschwarm-Metapher, um „verantwortungslose“ Investoren zu kritisieren, die Unternehmen zerstören und Arbeitsplätze gefährden. Er sagte, dass die SPD Unternehmern helfen muss, die die Zukunftsfähigkeit ihrer Unternehmen und die Interessen ihrer Arbeitnehmer im Blick haben, gegen diese „Heuschreckenschwärme“ zu kämpfen.

Die Heuschrecken-Debatte wurde durch ein Interview mit Franz Müntefering ausgelöst, das am 17. April 2005 in der Bild am Sonntag veröffentlicht wurde. In dem Interview äußerte er, dass manche Finanzinvestoren keinen Gedanken an die Menschen verschwenden, deren Arbeitsplätze sie vernichten, sie anonym bleiben, kein Gesicht haben und wie Heuschreckenschwärme über Unternehmen herfallen, sie abgrasen und weiterziehen. Er kündigte an, gegen diese Form von Kapitalismus zu kämpfen.

Die Heuschreckendebatte richtete sich nach Angaben von Müntefering gegen eine relativ kleine Gruppe von Unternehmen, er nannte jedoch keine konkreten Beispiele. Am 28. April 2005 veröffentlichte stern.de eine Liste von Unternehmen, die als „Heuschrecken“ bezeichnet wurden, und bezog sich dabei auf ein Hintergrundpapier, das angeblich von der Planungsgruppe der SPD-Bundestagsfraktion erstellt wurde. Die Unternehmen, die genannt wurden, sind KKR, WCM, Goldman Sachs, Apax, BC Partners, Carlyle Group, Advent International, Permira, Blackstone Group, CVC Capital Partners und Saban Capital Group.

Die IG Metall benannte die Ausgabe ihres Mitgliedermagazins „metall“ im Mai mit dem Titel „US-Firmen in Deutschland – Die Aussauger“ und begleitet mit einer Karikatur einer Stechmücke im Nadelstreifenanzug, die einen Hut in den Farben der amerikanischen Flagge trug und einen langen, gebogenen Rüssel mit einem goldenen Raffzahn hatte. Diese Karikaturen auf dem Titelblatt und im Magazin löste wegen der Verwendung klassischer antiamerikanischer und antisemitischer Motive teilweise heftige Reaktionen aus und wurden mit Karikaturen des Nationalsozialismus verglichen, insbesondere in Verbindung mit dem Begriff „Aussauger“.

In einem Essay, der am 3. Mai 2005 in der Rheinischen Post veröffentlicht wurde, kritisierte Michael Wolffsohn, dass Denkmuster, die im Nationalsozialismus verbreitet waren, bis heute vorhanden sind und nannte als Beispiel dafür die Heuschrecken-Metapher von Müntefering. Er argumentiert, dass Menschen mit Tieren gleichgesetzt werden, die als „Plage“ vernichtet werden müssen, und das diese Wortwahl aus dem Wörterbuch des Unmenschen stammt, da Menschen das Menschsein abgesprochen wird. Er verglich dies mit Worten wie „Ratten“ oder „Judenschweine“ die im Nationalsozialismus verwendet wurden.